Im Nikolauspostamt in Nikolausdorf beantwortet der Nikolaus jedes Jahr Tausende Wunschzettel. Viele Kinder wünschen sich neben Schokolade und Lego auch Weltfrieden und mehr Zeit mit der Familie. Sobald sie selbst schreiben können, wollen sie Elektronik haben.
Auf den ersten Blick ist es etwas – sagen wir – ernüchternd, den Ort zu betreten, wo die Wunschzettel von Kindern aus ganz Deutschland und aller Welt ankommen. Es spielt keine Weihnachtsmusik, kleine Wichtel hopsen auch nicht über die Tische und genauso wenig werden hier die Weihnachtsgeschenke auf dem laufenden Fließband produziert. Und doch hat es etwas Zauberhaftes, wenn sich 20 Ehrenamtliche Jahr für Jahr zusammensetzen, um Briefe von Tausenden Kindern zu beantworten – und damit eine Fantasie aufrecht erhalten.
7000 Briefe im Nikolausdorf
Schon jetzt sind etwa 4000 Briefe an den Nikolaus, den Weihnachtsmann und das Christkind im Pfarrheim in Nikolausdorf eingegangen. Hier befindet sich das Nikolauspostamt, wo der Obernikolaus Hubert Weddehage – der wegen seines Nebenjobs als Steuerberater an diesem Abend im Büro feststeckte – mit seinen Helfern die Briefe der Kinder beantwortet. Jeden Tag kommen weitere. Bis Weihnachten wird mit insgesamt 7000 Wunschzetteln gerechnet. Um da den Anschluss nicht zu verlieren, treffen sich die ehrenamtlichen Nikoläuse jeden Abend in der Woche – außer am Nikolaustag. Da haben die Nikoläuse selbstverständlich frei. Trotzdem ist das ein enormer Aufwand – zwischen Weihnachtsfeiern und Einkaufsstress.
Aber es macht den Ehrenamtlichen sichtlich Spaß, sich mit den Nachrichten der Kinder zu beschäftigen. „Lieber Nikolaus, ich bin fast immer lieb, außer wenn mich jemand ärgert“, liest eine laut vor und lacht gerührt. Die meisten von ihnen sind in Nikolausdorf aufgewachsen und haben früher selbst Briefe hierher geschickt. Andrea Lohmann ist seit 15 Jahren dabei. Für sie ist das ein Muss, eine Selbstverständlichkeit: „Wir wollen die Tradition aufrecht erhalten. Es gehört zur Adventszeit einfach dazu. Und es macht auch Spaß in der Gruppe. Die meisten hier kennen sich seit dem Sandkastenalter.“
Eine Posthalterin beantwortete in den 60ern die ersten Briefe
Schon in den 1960er Jahren ist Weihnachtspost in Nikolausdorf angekommen. Eine Posthalterin fing an, die Briefe der Kinder zu beantworten, weil sie sie nicht einfach ungeachtet wegschmeißen wollte. Nachdem die Nordwest-Zeitung darüber berichtet hatte, kam plötzlich noch mehr Weihnachtspost ins Nikolausdorf. Daraufhin gründete der damalige Leiter der Volksschule, Johann Kabella, mit Hilfe seiner Schüler das Nikolauspostamt. Mittlerweile leitet es seit über 50 Jahren Hubert Weddehage.
Ein Blick auf die Wunschzettel: Einige Kinder sind sehr bescheiden und wünschen sich Schokolade und Lego. Andere schicken gleich ganze Geschenke-Listen – sogar mit Artikelnummer. Sicher ist sicher, was? Ein Kind kann es wohl kaum abwarten, erwachsen zu werden und wünscht sich ein Haus und ein Auto. Erstaunlich ist auch, dass sich viele Kinder Frieden auf der Welt und Zeit mit der Familie wünschen. Grob könne man sagen, dass sich die Jungen viel Star Wars und Lego Technic wünschen und die Mädchen viel von Anna und Elsa aus dem Disneyfilm „Die Eiskönigin“ , so die Erfahrung von Sabine Osterhus aus Nikolausdorf in diesem Jahr. Was sie bisher ziemlich schräg fand? „Manchmal schreiben die Kinder auch Briefe an den Weihnachtsmann für ihre Haustiere.“ Die Antwort aus dem Nikolauspostamt ist zwar ein vorgedruckter Brief, aber zu jedem kommt der Name des Kindes in Handschrift oben drüber. Der Nikolaus hofft darin, dass möglichst viele Wünsche erfüllt werden, das Kind aber nicht traurig sein solle, wenn etwas nicht dabei ist.
Neben all den süßen und witzigen Wunschzetteln sind aber auch sehr berührende Briefe dabei. Zum Beispiel dieser: „Es muss kein Smartphone oder Computer sein. Es ist schon schön, Zeit mit den Eltern zu haben“, schreibt ein Junge und wünscht sich, dass es den Eltern bald wieder finanziell besser geht. Das macht nachdenklich. Solche Briefe nehmen die Nikoläuse aus Nikolausdorf oft mit nach Hause, um sie persönlich zu beantworten. Auch, wenn die Kinder von Elternteilen sprechen, die an Krebs erkrankt sind.
Die Wünsche der Kinder haben sich verändert
Die Wünsche haben sich im Laufe der Zeit sehr verändert, entnimmt Weddehage den Wunschzetteln. „Sobald sie selbst schreiben können, wünschen sie sich Elektronik“, sagt er. Smartphones, Tablets, PC und Spielekonsolen. Außerdem habe die Bereitschaft, überhaupt einen Brief an den Weihnachtsmann oder das Christkind zu schreiben abgenommen. Das schließt Weddehage daraus, dass in den vergangenen zwei, drei Jahren gut 2000 Briefe weniger angekommen seien. Apropos ankommen. Wo kommen sie eigentlich überall her? Über die Bundesgrenzen hinweg seien in diesem Jahr viele Briefe aus Griechenland gekommen. Einige aus Russland. Aus China würden etwa Tausend Briefe jedes Jahr das Nikolausdorf erreichen – von jungen Erwachsenen wohlgemerkt.
120 Briefe sind für diesen Tag geschafft. Signiert, verschlossen und mit einem Sonderpoststempel der Post versehen. Bis Heilig Abend sollen alle Briefe beantwortet werden. Ein Brief vom Nikolaus – eine kleine Geste, aber für die Kinder eröffnet sich dadurch eine fantastische Welt. So manche Wünsche können zu Weihnachten sicherlich erfüllt werden, andere wiederum nicht. Das haben der Nikolaus und seine Helfer in Nikolausdorf nicht in der Hand. Eines aber schon: Sie geben Hoffnung und schaffen Träume.
Bis Weihnachten sind es noch ein paar Tage. Wer gerne noch einen Brief an den Weihnachtsmann schreiben möchte, der kann ihn an folgende Adresse senden: An den Nikolaus, 49681 Nikolausdorf.