Nordisch leben

Back to School – Mein Tag in der iPad-Klasse (Waldschule Hatten)

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5 Uhr – der Wecker klingelt. Total verschlafen greife ich nach meinem Smartphone. Kurz bevor ich es an die Wand werfe, entdecke ich die Notiz meines Weckers: „Aufstehen, Schule!“ – Ähm, was?
Ach ja, da war ja was, heute ist Schule angesagt. Verwirrt stelle ich meinen Wecker noch einmal auf „Schlummern“ und lasse meinen inneren Schweinehund gewinnen. Nachdem ich mich dann endlich aus dem Bett geschält habe, wird es mir erst richtig bewusst: Ich gehe heute zurück in die Schule, um genau zu sein in die Waldschule Hatten, die zu den bundesweiten Vorreitern bei der Digitalisierung von Unterricht gehört. Ich werde heute eine iPad-Klasse besuchen – in meiner Schulzeit war das einfach undenkbar. Auch wenn das erst fünf Jahre her ist, aber da sieht man einmal, wie schnelllebig alles geworden ist.

Der Concealer regelt das schon!

Mit dem ersten Kaffee verschwinde ich ins Bad und muss feststellen: Das frühe Aufstehen bin ich einfach nicht mehr gewohnt. Der Concealer rettet mich jedoch und um 6:15 Uhr sitze ich mit Kaffee Nummer 3 im Auto und mache mich auf den Weg nach Hatten. Die Schule geht nämlich um 7:30 los und meine Anfahrt von meinem Wohnort Nordenham muss auch noch einkalkuliert werden. Die Federmappe lasse ich übrigens zu Hause, schließlich mache ich ja heute alles mit dem iPad, oder? Ich bin gespannt.

Wie am ersten Schultag an einer neuen Schule

Während der Autofahrt steigt die Aufregung. Mit 24 nochmal einen ersten Schultag erleben, das kann nicht jeder von sich behaupten. Mit etwas nassen Händen – aber auch mit Vorfreude – parke ich mein Auto vor der Waldschule und betrete das Gebäude. Die Waldschule Hatten ist eine Haupt- und Realschule mit rund 800 Schülern, die für die Digitalisierung des Lernens sogar schon zwei Mal im Jahr 2018 ausgezeichnet wurde. Für mich – als kreativer Kopf im Medienbereich – natürlich noch interessanter, denn ich weiß, wie wichtig die Digitalisierung für unsere Zukunft und demnach auch für die Auszubildenden und Studis von morgen ist.

Im Verwaltungsflur werde ich von der Schulleitung begrüßt und mit einem Leih-iPad ausgestattet. „Hast du kein eigenes iPad dabei?“, fragt mich Sarah Schellmann, kommissarische zweite Konrektorin. Mist. Schlechter Eindruck. Naja, kann ja nur besser werden. Mit einem Lächeln auf den Lippen übergibt mir Sarah ein iPad und stellt mir einen Teil meiner Klassenkameraden vor, die im Flur der Schule auf mich warten: Ich werde heute Teil der 8c sein. Und wenn alle so nett sind, wie die drei Schüler, die mich hier gerade abholen, dann kann der Tag nur gut werden.

Emily von Sach an in der iPad-Klasse der Waldschule Hatten
Emily von Sach an in der iPad-Klasse der Waldschule Hatten (Bild: Werner Fademrecht)

Präsis und Plakate auf dem iPad

Ich betrete die Klasse und bin nach wie vor etwas aufgeregt. Das legt sich aber ganz schnell, denn ich merke, wie offen und freundlich die Schüler der 8c auf mich zugehen. Was ich mache, wollen sie wissen. Wie viele Abonnenten ich habe und was dieses SACH AN! überhaupt ist. In den ersten zwei Stunden haben wir Musikunterricht – mein Spezialgebiet als Sängerin. Meine Musiklehrerin Frau Niehues möchte jedoch auch erst einmal etwas über mich erfahren und ich stelle der Klasse bei einer kurzen Exkursion mich und den Kanal vor.

So hat der Kollege Emilys Besuch erlebt: YouTuberin lernt noch mal digital

Nun geht es aber ans Arbeiten: Die Schüler befinden sich nämlich mitten in einer Gruppenarbeit, Thema „The Beatles“. Ich schließe mich einer Gruppe an und erfahre so einiges über die Arbeit mit dem iPad. Hannah (13) zeigt mir, wie sie zusammen mit ihrer Gruppe mit der App „Keynote“ die komplette Präsentation zum Thema auf dem iPad erstellt hat: „Das ist einfach viel praktischer und schneller!“
Ich beobachte außerdem, mit welcher Fingerfertigkeit die Schüler das iPad nutzen. Während der Gruppenarbeit schnappe ich mir Hannah. Was sie am Unterricht mit dem iPad besser findet, will ich wissen: „Wir haben fast alle unsere Bücher und Materialen auf einem Gerät. Das heißt, dass wir nicht mehr schwer schleppen müssen. Außerdem vergisst man als Schüler nicht mehr so schnell irgendwas, sondern hat alles gesammelt an einem Ort.“ Das ist echt ein Vorteil, denke ich. Denn in meiner Schulzeit ist da schon mal das ein oder andere Arbeitsblatt aus der Schultasche gesegelt und zu Hause liegen geblieben. „Außerdem ist es einfach wichtig für meine Zukunft. Alles wird immer digitaler, ich finde, da muss sich eigentlich jede Schule anpassen.“ Schlaues Mädchen, diese Hannah.

„Emily von SACH AN, bitte in das Büro der Schulleitung!“

In der ersten großen Pause treffe ich mich im Büro der Schulleitung mit Sarah Schellmann und der Schulleiterin Silke Müller. Die beiden Frauen haben zusammen mit mir meinen Besuch in der iPad-Klasse geplant und wollen wissen, wie es mir in den ersten zwei Stunden erging. Ich prahle natürlich mit meinen ersten Erkenntnissen zur Nutzung mit dem iPad im Unterricht, als mich Silke Müller unterbricht: „Ich habe aber in deiner Instagramstory gesehen, dass du Fortnite gezockt hast?“ – Oh nein, erwischt. In einer kurzen „Gruppenarbeitspause“ habe ich nämlich von einem Schüler eine kleine Einführung in das beliebte Spiel erhalten. Und ich bin natürlich so doof und poste es in die Story. Das gibt an meinem ersten Tag bestimmt einen Verweis.
Spaß bei Seite: Die Schulleitung der Waldschule Hatten hat mich komplett überzeugt. Offen, herzlich, lustig, aber auch bemüht die Digitalisierung voran zu treiben. So stelle ich mir Schule vor.

Ein Mix aus iPad und Papier

Nach der Pause geht es weiter mit Mathematik. Und hier wird es etwas „Oldschool“, denn wir erhalten tatsächlich ein Arbeitsblatt zum Thema Längen- und Flächenumrechnung. Mich interessiert aber natürlich, wie die Schüler gerade im Matheunterricht mit dem iPad arbeiten. Meine Mathelehrerin Frau Gahrmann erzählt, dass die Schüler im zweiten Halbjahr der 8. Klasse mit dem Taschenrechner arbeiten werden, dieser befindet sich ebenfalls auf dem iPad. „Und wie sieht das aus mit Geometrie und Sinus und Cosinus? Geht das alles auf dem iPad?“, will ich wissen. „Ja, das alles geht auf dem iPad und wird auch so an die Schüler vermittelt. Jedoch wird gerade in diesem Bereich auch nochmal Stift und Papier wichtig, damit die Schüler das Gefühl für diesen Mathebereich bekommen.“

 

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In Arbeit und Wirtschaft haben wir das Thema Bedürfnisse: Niklas (14) erklärt mir kurz, was die Klasse in den letzten Unterrichtsstunden gemacht hat, damit ich einen guten Überblick über die verschiedenen Bedürfnisse des Menschen erhalte (da fällt mir ein, das Thema hatte ich sogar erst in der Berufsschule zu Beginn meiner Ausbildung – bloß nichts anmerken lassen). Auch hier starten wir wieder in eine Gruppenarbeit und sollen ein Arbeitsblatt gemeinsam erarbeiten. Ich frage meine Sitznachbarin Annabell nach einem Marker – und kassiere erstmal einen erstaunten Blick. Ach stimmt, da war ja was: iPad-Klasse. Das Arbeitsblatt befindet sich nämlich auf dem iPad und die Schüler markieren wichtige Passagen des Textes einfach mit dem Finger.

Hühner per Livestream?

In der zweiten großen Pause führen mich ein paar der Schüler durch das Schulgebäude, damit ich mir einen Eindruck von der Schule machen kann. Eine Besonderheit fällt mir da direkt auf: Ich blicke durch eines der Fenster im Schulflur und sehe – Hühner. Glückliche Hühner, so wie es aussieht. „Das sind unsere Schulhühner. Jede Klasse hat ein Klassenhuhn“, erzählt mir Michael. „Die Hühner können wir sogar über einen Livestream rund um die Uhr lange beobachten, da oben ist die Webcam!“
Was mit den gelegten Eiern passiert, will ich wissen. „Ach, die verkauft der Hausmeister an die Lehrer!“ Frische Frühstückseier vom hauseigenen Schulhuhn, das gibt es nicht überall.

Journalismus – ein Wahlpflichtkurs nach meinem Geschmack

Nach der Pause teilt sich die Klasse in verschiedene Wahlpflichtkurse auf. Neben Sport, Informatik und „Werkstatt Geschichte“ gibt es den Kurs Journalismus, den ich mit einem Teil der 8c besuche. In diesem Kurs werden die Online-Redakteure von morgen ausgebildet: Die Schüler lernen beispielsweise wie man Interviews richtig schreibt und dürfen ihre selbst erstellten Artikel auf der Homepage der Waldschule Hatten veröffentlichen. Heute darf ich die Fragen der Schüler beantworten: Was ist wichtig für ein gutes Video? Wie gestalte ich An- und Abmoderation richtig? Welche Fragen stelle ich meinem Interviewpartner? Und was sollte ich in einem Video lieber nicht zeigen? All das diskutiere ich mit ein paar Schülern und gebe ihnen Einblicke in meine tägliche Arbeit als Moderatorin. Neben den allgemeinen Themen gibt es aber noch etwas, was die Schüler interessiert: Zusammen mit der Waldschule Hatten suche ich nämlich Schulreporter für meinen YouTube-Kanal. Für diese Aktion sollen die interessierten Schüler ein Bewerbungsvideo bis Mitte September bei ihren Lehrern abgeben – somit kann ich auch hier hilfreiche Tipps geben.

Darf ich wieder kommen?

Der Arbeitsalltag hat mich wieder, ein Termin jagt den nächsten und ich denke an meinen gestrigen Schultag zurück. Ich hatte jede Menge Spaß, generell hat mir Schule immer gut gefallen.
Mein Fazit: Die Arbeit mit iPad und Smartphone sollte an Schulen kein Tabu mehr sein. Die Schüler kommen sowieso früher oder später mit den digitalen Medien in Verbindung, wieso nicht an einem Ort, der ihnen beibringt, richtig damit umzugehen? Ich persönlich kann aus eigener Erfahrung sprechen: In meinem Berufsbild sind diese Geräte nicht mehr wegzudenken. Auch wenn ich nach wie vor auch gerne mal mit Block und Papier unterwegs bin und mir meine Notizen mache. Aber das eine schließt das andere doch nicht aus?

Emily Zimmermann

Oberfränggisches Madl mit einem Herzen für den Norden (ganz besonders für das kulinarische Angebot wie Grünkohl und Pinkel). Wenn Sie nicht vor der Kamera für Ihren YouTube-Channel „SACH AN!“ rumhüpft, singt sie auf den verschiedensten Bühnen Norddeutschlands – von Straßenfesten bis Hochzeiten. Man erkennt Emily an ihrem – von vielen Kollegen liebevoll genannten – Sprachfehler: das rollende R!

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